· 

Kalksteinabbau auf dem Plettenberg: Ein weiterer Vertrag soll die Zukunft sichern

 

Auf der blau schraffierten Fläche soll Holcim in Zukunft von Behördenseite angeordnete Ausgleichsmaßnahmen umsetzen dürfen.

 

Seit Monaten sind die Abbauwünsche des Dotternhausener Zementwerks Holcim bekannt, derzeit läuft der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsantrag für knapp neun Hektar Erweiterung. Momentanes Hindernis: Mit der Feld- und der Heidelerche sind zwei teils streng geschützte Vogelarten auf dem geplanten Areal dokumentiert worden. Das Zementwerk muss nun für beide Vögel getrennt einen Ausnahmeantrag stellen. Denn die Heidelerche wird naturschutzrechtlich als streng geschützt eingestuft und unterliegt zudem einer besonderen Schutzverpflichtung im Rahmen der Natura 2000 Vogelschutzrichtlinie der EU.

Die Feldlerche ist eine besonders geschützte Art, wenngleich sie weniger selten als die Heidelerche vorkommt, ihr Schutzstatus geringer ist.

Für das Zementwerk bedeutet dieser Unterschied, dass über Wohl und Wehe der Heidelerche das Regierungspräsidium Tübingen zu entscheiden hat, für die Feldlerche das Landratsamt Zollernalb zuständig ist, wie dessen Pressesprecherin Marisa Hahn erklärt.

Offene Flächen könnten ein Lebensraum für die Lerchen sein

Holcim müsse, so die etwas hölzerne Behördenformulierung, „ein wirksames Konzept zur Schaffung von Populationserhaltungsmaßnahmen vorlegen“.

Was bedeutet das konkret? Das RP Tübingen schlägt vor, geeignete Habitate, in diesem Fall offene Bereiche, zu schaffen. „Dies kann mittels Beweidung oder Mahd und Gehölzentnahme /-pflege sowie maschinellen Bodenbearbeitungsmaßnahmen geschehen, die offene Bodenstellen schaffen“, schreibt Pressesprecher Dirk Abel auf Nachfrage. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Nester zu erfassen und ihre Standorte auszusparen von Mahd und Beweidung. Der Fuchs als Fressfeind könne gezielt bejagt werden.

Noch ist der Antrag nicht beschieden, die Kriterien sind streng. Das Regierungspräsidium erklärt: „Eine Ausnahme kann beispielsweise wegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art in Betracht kommen.“

Schlecht sähe es für das Zementwerk aus, wenn die Behörde zum Schluss käme, dass zumutbare Alternativen gegeben sind, entweder was Standort oder auch Ausführung der Arbeiten angeht.

Fest steht indes: „Der bestehende Erhaltungszustand der betroffenen Art darf sich nicht verschlechtern, und es muss gewährleistet sein, dass die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch das Vorhaben nicht behindert wird.“

Holcim könne versuchen, geeignete Flächen zu erwerben oder für sich zu sichern und müsste diese populationsstützend herrichten, damit sich dort die Heidelerche ansiedeln kann.

Der restliche Berg dient als Ausgleichsfläche

Die Gemeinde Dotternhausen steht dem nicht im Weg, im Gegenteil: Die Räte wollen die Grundlage dazu noch am Mittwochabend in ihrer Sitzung schaffen. Mit einem 12. Zusatzvertrag soll die komplette Hochfläche des Plettenbergs grundsätzlich für Rekultivierungs- sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen herangezogen werden dürfen. Dazu verpachtet die Gemeinde als Eignerin der Fläche das gesamte Gebiet an Holcim.

 

„Rekultivierungsmaßnahmen bedeuten immer eine Aufwertung des Gebiets“, sagt Dotternhausens Bürgermeisterin Monique Adrian. Holcim dürfe keinesfalls auf den Flächen abbauen oder sie für eigene Zwecke nutzen. „Was dort in Sachen Rekultivierung getan wird, wird streng von Behördenseite auferlegt“, erklärt sie.

 

Ebenso Teil der Gemeinderatsvorlage: Eine mit dem 12. Zusatzvertrag in Aussicht gestellte finanzielle Verbesserung für die Gemeinde. Eine aufschiebende Bedingung, die noch im elften, größtenteils nichtöffentlichen Vertrag aus vergangenem Jahr enthalten war, soll entfallen. Die auf eine Million Euro jährlich erhöhten Pachteinnahmen werden mit dem 12. Zusatzvertrag für die Zukunft fixiert, ganz egal, ob jene im 11. Vertrag erwähnte, aufschiebende Bedingung eintritt oder nicht, heißt es in der Vorlage. Die Gemeinde habe nun finanzielle Planungssicherheit. Aus zuverlässiger Quelle hat der ZOLLERN-ALB-KURIER erfahren: Die Bedingung war die Genehmigung der Süderweiterung, von der die erhöhte Pachtzahlung nun nicht mehr abhängen soll.

Erneut wird Kritik laut

Dennoch stößt die Verpachtung der Fläche auf Kritik. Norbert Majer und der Verein NUZ beantragten noch am Dienstag beim Kommunalamt, Bürgermeisterin Monique Adrian zu untersagen, über den Tagesordnungspunkt abzustimmen. Er sieht in der kostenlosen Verpachtung eine „weitreichende, uneingeschränkte Nutzungsübertragung“. Viel gravierender noch: „Dies würde eine ungerechtfertigte Begünstigung eines Privatunternehmens zu Lasten der Gemeinde und deren Vermögen bedeuten“, schreibt Majer ans Landratsamt. Für ihn und seine Mitstreiter ist die kostenlose Bereitstellung von Ausgleichsflächen „viel viel verschenktes Geld für die Gemeinde“. Diesen Beschluss, so der NUZ, solle das Gremium den neugewählten Volksvertretern nach der Kommunalwahl überlassen.

 

Mit Kritik spart Majer ohnehin nicht – in einem weiteren Schreiben bemängelt er erneut, dass der aktuelle Gemeinderat „ohne auch nur ein Wort zum Naturschutz oder zur Bergkulissenerhaltung oder dem Trinkwasserschutz zu erwähnen, zunächst den Süderweiterungsanträgen mit immerhin 17 Hektar zugestimmt hat“.

Dass der Abbau exakt dieser 17 Hektar seit Kundwerden der Abbaupläne von Holcim in Dotternhausen so ein heißes Eisen ist, mag beim Blick in die Gemeinderatsprotokolle verwundern: Schon einmal stimmte ein Gemeinderat der großen Süderweiterung einstimmig zu, nämlich im September 1986. Bürgermeister damals: Norbert Majer.

 

Autor: Nicole Leukhardt

Quelle: zak

Foto: Klaus Irion

https://www.zak.de/Nachrichten/Kalksteinabbau-auf-dem-Plettenberg-Ein-weiterer-Vertrag-soll-die-Zukunft-sichern-136003.html