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»Versteht die Menschen vor Ort«

Dotternhausen. Um 13 Uhr ist am Mittwoch nach zweieinhalbtägigen Verhandlungen der Erörterungstermin zu Ende gegangen. Zum jetzigen Zeitpunkt, so Frankenberg, sei der Genehmigungsantrag von Holcim auf Erweiterung des Plettenberg-Steinbruchs noch nicht entscheidungsreif. Es stünden noch ergänzende Antragsunterlagen aus – etwa zum Vorkommen der Heidelerche. Auch müsse seine Behörde noch die von den Einwendern bemängelten Fachgutachten, das Fehlen von Grenzsteinen und offenbar schon begonnene Arbeiten für die neue Seilbahn prüfen. Für dieses Verfahren, Erörterungstermin ist am 25. Juni, sei allerdings das Regierungspräsidium zuständig.

 

Der Erörterungstermin, am dritten Tag ging es um die Schutzgüter Luft und Klima sowie um das Landschaftsbild, habe gezeigt, »was die Menschen in Dotternhausen bewegt«. Er betonte, in diesem Verfahrens könne der Konflikt in der Gemeinde nicht gelöst werden. Allerdings wolle er noch einmal bei Landrat Günther-Martin Pauli vorstellig werden, um einen neuen Anlauf zu starten, den Dorffrieden wieder herzustellen. Den Einwendern bescheinigte er, sachlich und konstruktiv gearbeitet zu haben: »Wenn Emotionen aufkamen, hat das nur gezeigt, wie die Gefühlslage ist.«

 

Auch die Einwender zogen eine positive Bilanz. Hans Edelmann appellierte jedoch an die Genehmigungsbehörde, die Erweiterungsfläche zu reduzieren und die Süd-Kulisse stehen zu lassen. Man trage Verantwortung, die Natur für kommende Generationen zu schützen. Holcim hielt er vor, keine Visionen, sondern nur Wachstum und Profit im Auge zu haben. Der Konzern sollte dazu übergehen, langfristig und nachhaltig zu denken.

 

Anton Scherer sagte, es sei demokratische Pflicht, sich einzumischen. Holcim solle auf Sponsoring und Spenden, etwa an den Kindergarten und die Vereine, verzichten und stattdessen in bessere Filter investieren.

 

»Es ist wichtig gewesen, dass man über alles gesprochen hat, um was es den Bürgern geht«, führte Wolfgang Wochner aus. Den Einwendern liege die Natur und der Dorffrieden am Herzen. Dieser sei nur wieder herzustellen, »wenn sich einiges ändert«. An Holcim appellierte er, der hiesigen Natur gleich viel Respekt gegenüber zu bringen wie derjenigen in der Schweiz: »Der Plettenberg ist so viel wert wie das Matterhorn.«

 

Auch mahnte er an, Alternativen zum Abbau zu suchen und sich für mehr Transparenz, gerade auch bei den mit der Gemeinde ausgehandelten Verträgen, einzusetzen. »Wir sind keine Holcim-Gegner«, betonte er, aber: »Wir sind besorgt um das Gemeinwohl und die Natur.«

 

NUZ-Vorsitzender Norbert Majer hofft, dass die Erörterung ein Erfolg dahingehend sein werde, dass deren Ergebnisse in die Genehmigungsentscheidung einfließen werden. An Frankenberg gewandt, sagte er: »Sie haben jetzt die Möglichkeit, im Sinne der Bürger und der Natur zu entscheiden.«

 

Georg von Cotta erwartet, dass die »Abwägung über die Süderweiterung« nun in einem größeren Kontext gesehen werde. Insgesamt sei die Veranstaltung konstruktiv verlaufen. Holcim kritisierte er für die Abwehrhaltung, die die Firma aufgeben solle: »Wir sind hier nicht am Amazonas. Wir lassen uns nicht mit Geschenken zufrieden stellen. Wir wollen unsere Heimat erhalten, auch im Wandel.«

 

»Ich bin für meine Familie, für meine Kinder hier«, betonte Beate Zöld. Sie habe Anschluss an den Verein NUZ gefunden, weil sie dort verstanden worden sei und es einen konstruktiven Austausch gebe, den sie bei der Gemeindeverwaltung vermisse. Sie zitierte aus dem »Holcim-Manifest«, das dem Konzern 2012 zu dessen 100-jährigen Bestehen von zahlreichen Unterzeichnenden aus Gewerkschaft, Politik, Kirche und Wissenschaft übergeben worden war.

 

Darin wird unter anderem gefordert, dass der Konzern das Mitbestimmungsrecht der Bevölkerung bei der Planung und Erweiterung bestehender Produktionsstätten respektieren und alles unternehmen solle, damit es nicht zu Beeinträchtigungen des Lebensraums komme. Dazu gehöre, die gesetzlich vorgegeben Grenzwerte einzuhalten und die neuesten Technologien einzusetzen, etwa zur Minimierung der Emissionen. An die Behörden und an Holcim appellierte sie abschließend: »Seid menschlich und versteht die Menschen vor Ort.«

 

Ende gut, alles gut? Die zweieinhalbtägige Erörterung zur Erweiterung des Holcim-Steinbruchs ist jedenfalls mit versöhnlichen Tönen zu Ende gegangen. Nach einem holprigen Start ist doch noch eine sachliche Diskussion zustande gekommen, die sowohl von den Einwendern als auch von Sitzungsleiter Matthias Frankenberg als »fruchtbar und konstruktiv« bezeichnet worden ist. Gewünscht hätte man sich allerdings auch ein abschließendes Statement von Holcim. Nun aber ist das Landratsamt mit seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag am Zug. Von dieser und damit eventuell verbundenen weiteren Auflagen hängt es auch ab, ob in Dotternhausen der Dorffrieden wieder hergestellt werden kann. Dass Frankenberg sich zudem dafür einsetzen will, dass das Landratsamt ein weiteres Dialogverfahren zwischen den streitenden Parteien in Gang bringt, lässt hoffen.

 

Kommentar von Bernd Visel

Quelle: Schwabo

Foto:    Bernd Visel

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